Schack von Staffeldt               Auf den Trümmern der Gleichen

aus dem Musenalmanach 1793

(Zweier verfallenen Bergschlösser unweit Göttingen)

 

Wankendes Gemäuer, wo der Eulen

Todtenklage fern die Leben scheucht,

Wo der Eichen hangend Laub erbleicht

Von dem Moder umgestürzter Säulen!

 

Grauer Thurm, um den die Winde heulen,

Grabgewölbe, wo die Natter kreucht,

Wo das Angedenken düster schleicht,

Und in Schauern nackte Geister weilen! –

 

Weichet, grauenvolle, morsche Trümmer,

Schwimmend auf der Zeiten Ocean,

Nimmer weicht aus meiner Seele, nimmer!

 

Daß mich fürder nicht der Ehre Schimmer,

Nicht des Nachruhms eitler, leerer Wahn

Lenke auf der Mühe schwerer Bahn.

 

 

 

 

Schack von Staffeldt               Die Stätte

aus dem Musenalmanach 1793

Se fu beate chi la vide in terra,

Hor che fia dunque a rivederia in cielo!

                    Petrarca

 

Als mich jüngst die Liebe hier beglückte

Und zum Seligsten der Welt erkohr,

Als ich mich am Wonnequell verlohr

Und an meine Brust Phanina drückte,

 

Weh mir! da erblaßte sie und blickte

Durch der Wehmut feuchten Nebelflor

Schwärmerisch zum Himmelssitz empor,

Der die Heilige von fern entzückte.

 

„Diese Stätte wähl’ ich mir zum Grabe,

Sterb’ ich einst, so fließ’ auf meinen Stein

Eine Thräne nur zur Todtengabe.“

 

Nun ich weinend sie begraben habe,

Senket, gute Götter, mein Gebein

Neben meiner Heiligen hier ein!